Kaçkar Mountains – schneebedeckte Berge mitten in der Türkei

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Schneebedeckte Berge. Und das mitten in der Türkei? Nein, wenn wir Europäer an den Staat zwischen den Kontinenten denken, sind dies sicher nicht die ersten Bilder, die uns in den Sinn kommen. Anders bei den Besuchern aus Saudi-Arabien. Diese nämlich strömen in Scharen in das Pontische Gebirge im Nordosten der Türkei und bevölkern die einzige Straße des kleinen Bergdorfes Ayder Yaylasi.

Als wir kurz vor Einfall der Dunkelheit im winzigen Sommerresort im nördlichen Teil des Kaçkar Dağları Nationalparks einrollen, staunen wir nicht schlecht: Vor unserer Türkei-Reise hatten wir noch nie von diesem Ort gehört und auch Google Maps schien die Existenz dieses Touridorfes auf 1.350 Metern eher als sekundär zu bewerten. Doch als wir die Hauptstraße (i.e. die einzige geteerte Straße weit und breit) im Schneckentempo hochkriechen und uns langsam durch die Meute schwarz gekleideter Frauen und langbärtiger Männer kämpfen, können wir das Gefühl nicht abschütteln, mitten in ein Ameisennest geraten zu sein. Ein Ameisennest mit nur noch ganz ganz wenig freien Zimmern.

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Irgendwie haben wir es schließlich aber doch noch geschafft, uns eine Bleibe für die Nacht zu sichern, doch als wir am nächsten Morgen mit Blick über die nebelverhangenen Nadelwälder aufwachen, sind wir natürlich wieder mal die letzten beim Frühstücksbuffet und können unsere mit Ziegenkäse und schwarzen Oliven vollgestopften Münder kaum geschlossen halten beim Anblick der vielen Minibusse, die vor unserer Pansiyon zum Stehen kommen und eine Ameise nach der anderen verschlucken. Na toll! Das war´s dann wohl mit der einsamen Wanderung in unberührter Natur!

Doch da hatten wir wohl ein entscheidendes Faktum außer Acht gelassen: Frisch gebügelte Anzughosen eignen sich nämlich anscheinend genauso wenig für romantische Bergwanderungen wie bodenlange Kleider. Und so mussten wir uns nur ein paar wenige Meter von den Schotterwegen und kleinen Dörfchen mit ihren vollgepropften improvisierten „Eckkneipen“ entfernen, um allein zu sein: mit der Natur, den Bergen und unserem eigenen nicht enden wollenden Geplapper. Sonst Stille und Einsamkeit. Abgesehen natürlich von der einen oder anderen gemütlich vor sich hinkauenden Kuh, ein paar riesigen Hirtenhunden und den Rufen des Imams, die sich aus den Lautsprechern der Minarette über das ganz Tal verteilen. Und natürlich der ständig präsenten Frage: Sind wir hier überhaupt richtig?

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Denn abgesehen von einer aufgeweichten Karte, die wir an der Rezeption einer der teureren Hotels ergattern konnten und einem Schild, an dem wir unser Auto abgestellt hatten, suchten wir nämlich bereits seit mehreren Kilometern vergeblich nach Hinweisen, die auf das im Lonely Planet geschilderte Wanderparadies hindeuteten. Von der Sichtung eines waschechten Wanderweges ganz zu Schweigen . (Zu unserer Verteidigung: Diese sehen hier aus wie Ziegenpfade und sind nur mit viel Fantasie und ausschließlich dann zu erkennen, wenn man geradewegs drüberstolpert.)

Auf jeden Fall irren wir nun schon seit geraumer Zeit durch die Bergwelt im Nordosten der Türkei und sind die ständig gleich bleibende Aussicht langsam satt. Klar, wenn man brav dem Fluss folgt, kann man sich nicht verlaufen. Aber spannend ist dann auch irgendwie anders. Und so ist der Entschluss schnell gefasst, als sich plötzlich zu unserer Linken eine leichte Einkerbung in den sonst extrem steilen Felswänden auftut: Dort müssen wir hoch!

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Nach etwa fünfzig Minuten erbitternden Kampfes mit hüfthohem Dickicht (Und dann hieß es, wir befänden uns hier oberhalb der Baumgrenze!?) und der Erkenntnis: Nicht ganz so steil ist immer noch sehr steil!, erreicthen wir ihn endlich. Den Ort unserer Sehnsüchte. Den Ort, an dem sich alles ändern sollte. Den Ort, von dem aus wir eine wunderschöne Panoramaaussicht haben würden. Wir erreichten ihn also und blickten auf… eine weitere Gebirgswand!

Jeder vernünftige Mensch hätte jetzt aufgegeben. Hätte sich jetzt eingestanden, dass er eigentlich keine Ahnung hatte, wo er sich befand, geschweigedenn was sich hinter der nächsten Anhebung befand. Hätte auf die Uhr gekuckt und einsehen müssen, dass es reiner Wahnsinn wäre, jetzt noch weiter zu gehen. Aber irgendwie waren wir noch nie so wirklich dicke mit der Vernunft. Und so versuchten wir es schließlich doch noch ein letztes Mal. Denn eins hatte ich mir fest in den Kopf gesetzt: Ich würde den türkischen Schnee sehen! Und ein kleiner Bergsee käme jetzt auch ganz gut.

Was aussah wie ein 10-minütiger Spaziergang, entpuppte sich natürlich als 40-minütige Höchstleistung (mit mehrfachem Einsatz meines allzeit beliebten Asthma-Sprays), doch diesmal wurden unsere Strapazen belohnt und vor uns breitete sich ganz plötzlich diese Aussicht aus:

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Nachdem wir es schließlich heil und sogar noch vor Sonnenuntergang zurück zu unserem Auto schafften und dabei die Entdeckung machten, dass man sich über Ziegenpfade doch sehr viel schneller fortbewegt als durch ungebändigtes Dickicht, hatten wir kurzzeitlich das Verlangen, unseren Aufenthalt in den Kaçkar Mountains um ein, zwei Tage zu verlängern.

Doch da wir noch ziemlich am Anfang unserer Reise standen und noch mehrere tausend Kilometer auf dem Plan standen, fiel die Entscheidung dann doch gegen die schneebedeckten Berge. Ein Fehler, wie wir am Ende unserer Reise feststellen mussten. Das Ostpontische Gebirge ist und bleibt nämlich auch zwei Monate nach unserem Türkei-Roadtrip das absolute Highlight dieser Reise!