Warum die Fotografie der beste Weg ist, die Welt zu entdecken

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Ich bin Reisefotografin.

Ja, ich denke, das kann ich guten Gewissens behaupten. Zwar habe ich bisher noch keinen Bildband über die Tierwelt Afrikas veröffentlicht und warte bis heute vergeblich auf einen Anruf von National Geographic. Aber eigentlich ist das doch ganz egal. Ich reise und ich fotografiere dabei. Und das ist alles, was zählt.

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Reisen ohne Fotoapparat käme für mich nicht in Frage.

Aber dann nimmst du ja gar nicht richtig teil, höre ich jetzt schon einige sagen. Wie willst du mit diesem Ding vor Augen die Lebensfreude Brasiliens spüren? Wie willst du das Chaos verstehen, das auf Indiens Straßen herrscht? Und die Weite der afrikanischen Steppen einsaugen, wenn du immer bloß einen Ausschnitt siehst? Wer ständig fotografiert, verpasst doch die Hälfte!

Ganz im Gegenteil, sage ich dann. Mit und durch die Kamera erlebe ich alles viel intensiver.

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Ich sehe das Licht, das sich seinen Weg durch den Dunst der Räucherstäbchen bahnt.

Ich sehe die Farbenpracht der Märkte, die noch unter dem Schleier der Morgensonne schlummert.

Ich sehe die tiefen Falten auf dem Gesicht des alten Fischers, der uns stolz seinen Fang präsentiert. Und den Schmutz, der sich in den Löchern seiner abgetretenen Sandalen sammelt.

Aber das sind ja alles bloß visuelle Eindrücke, höre ich die Nörgler wieder rufen. Und ich kann es ihnen nicht einmal verdenken. Dass ich ausschließlich das festhalte, was meine Augen sehen, heißt aber nicht, dass sich meine anderen Sinne für immer verabschiedet haben. Im Gegenteil. Während ich fotografiere, sind sie hellwach.

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Ich höre die tiefe Stimme des Marktschreiers und frage mich, wie der Besitzer wohl aussehen mag. Ob er wohl einen Bart trägt? Und dann freue ich mich, wenn meine Kamera ihn findet.

Ich rieche die Nähe der Gewürzstände und frage mich, ob ich dort wohl Süßholz kaufen kann, während ich noch mit dem Ablichten der Hühnerhälse beschäftigt bin, die aus den Öffnungen der viel zu kleinen Käfige herausragen.

Ich spüre, wie der Schlamm unter meinen Füßen nachgibt und ich ins Wanken gerate, und freue mich über das unerwartete Nass der Pfütze, in die ich getreten bin, während ich meinem nächsten Fotomotiv nachjagte.

Ich erlebe einzeln. Und doch das Ganze.

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Durch den Fotoapparat sammle ich viele kleine Eindrücke. Wie die Schnippsel einer zerstückelten Realität. Ich schaue mir jedes einzelne genau an, präge es mir deutlich ein und erzeuge so meine eigenen Erinnerungen. Sind sie die Realität? Nein! Aber sie sind genau so real wie das Chaos, das dem kameralosen Betrachter von den Straßen Vietnams oder den Suqs von Marrakesch in Erinnerung bleibt.

Sie sind real, weil ich sie so erlebt habe.