Unser 1. Mal auf einem roten Bergweg und wie wir´s am Ende sogar überlebten

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Wie so oft entstehen die besten Erinnerungen dann, wenn man nicht darauf vorbereitet ist. Und wie so oft waren wir bei unserer allerersten Hüttenwanderung im August 2016 wieder mal so gar nicht vorbereitet.

Nachdem wir etwa 20 Kilometer inmitten grüner Almen und entlang türkisfarbener Bäche durch die idyllische Landschaft des Hinterautals geschlendert waren, freuten wir uns am 2. Tag unserer ersten großen Bergwanderung darauf, endlich in höhere Sphären empor zu steigen und dem breiten Schotterweg entlang der Isar mit stolz geschwellter Brust den Rücken zu kehren.

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Jetzt würde es endlich beginnen. Das Abenteuer, von dem wir noch unseren Urenkeln erzählen würden. Jetzt war es endlich so weit. Wir würden das Karwendelgebirge bezwingen. Wir würden in die Fußstapfen von Reinhold Messner treten. Wir würden unsere Familien stolz machen. Wir würden…

Okay, ich geb´s zu. Wir wollten einfach nur mal die 2.000er Marke überqueren. Einfach nur mal kurz die Hand auf kühlen Kalkstein legen. Einfach nur mal ein paar Steinchen unter den Sohlen unserer neu errungenen Wanderschuhe spüren. Kurz: Wir waren auf der Suche nach einem Hauch von Nervenkitzel. Und begaben uns unwissentlich in Todesgefahr!

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Als wir am Lafatscherjoch vom romantischen Kuhglockengeläute Abschied nehmen und auf einen nur noch halb so schmalen, felsigen Bergweg einbiegen, ahnen wir noch nicht, dass wir soeben unsere eigene Hinrichtung eingeläutet haben. Den roten Punkt vor den Buchstaben B, E, T, T, E, L, W, U, R, F, H, Ü, T, T und E hatten wir gekonnt ignoriert. Wir hatten uns von den 1 1/2 h dahinter blenden lassen. Und unsere Gedanken auf viel weitere Wanderungen geschickt.

Es war doch erst 11 Uhr. Was wir danach noch alles unternehmen konnten. Mit Sicherheit würde noch Zeit bleiben, den Kleinen Bettelwurf zu bezwingen. Vielleicht würden wir uns ja sogar noch an den Großen Bettelwurf wagen. Die Möglichkeiten schienen schier unendlich.

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Und dann kam die Ernüchterung. Der erste tiefe Abhang. Die erste kurze Kletterpassage. Der erste Nebel. Die ersten zittrigen Beine. Die ersten Gedanken ans Aufgeben.

Als wir unser Nachtlager schließlich nach über 3 1/2 Stunden doch noch erreichten, waren wir uns einig: Einmal und nie wieder!

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Und dann kam sie schon zum 2. Mal an diesem Tag: die Ernüchterung. Alle anderen Wege zur Bettelwurf Hütte tragen einen schwarzen Punkt. Heißt das etwa…!?

Unsere Gastgeberin Nina fasst unsere größte Befürchtung in Worte, während sie uns wie zum Beweis ein Heftchen mit allen Wanderwegen der Region vorlegt: „Ihr seid vom Lafatscherjoch gekommen, richtig? Das ist der mit Abstand einfachste Zustieg zu uns!“ Und plötzlich dämmert es uns: Wir müssen den ganzen Weg nochmal zurück!

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Hätten wir uns nur vorher informiert. Hätten wir uns Textausschnitte wie „können absturzgefährliche Passagen aufweisen“, „überwiegend schmal, oft steil“, „alpine Erfahrung notwendig“ nur vor dem Point of no return reingezogen. Hätten wir in den Gesprächen mit dem Tourismusverband der Region Hall-Wattens nur darauf bestanden, dass Laurens wirklich ganz, ganz dolle Höhenangst hat.

Es wäre kein Abenteuer geworden.