Georgischer Wein… ist so wie das Blut der Erde

Ja. Das ist es. Ich schwenke und schmecke erneut: Erde!

Als wir über Ostern nach Georgien reisen, ist Laurens ganz aufgeregt: „Das ist die Wiege des Weins! Hier hat man den Weinbau erfunden! Vor mehreren tausend Jahren!“

Auch ich hatte mich natürlich etwas schlau gemacht: rund 400 indigene Weinsorten. Irgendwas mit Namen Orange Wine. Und die Weinproduktion ist wohl auch sehr speziell. Mal überraschen lassen.

Doch was dann kam, war wirklich eine Überraschung. Eine, an die sich meine Geschmacksknospen zwar nur ungern erinnern, die man aber bei einer Reise nach Georgien auf keinen Fall verpassen sollte.

Ein typisches Merkmal georgischen Weins ist nämlich, dass dieser unfiltriert in die Flasche kommt. Und das schmeckt man! Auch die Farbe des Orange Wine stammt von dieser besonderen Art der Herstellung, welche sich weltweit in den letzten Jahren immer mehr verbreitet.

Keine gute Entwicklung, wenn ihr mich fragt. Denn ich als Weinlaie dachte bei meinem 1. Schluck nur: Wie Cidre. EXTRA BRUT!!!

Weinkenner aber sind begeistert. Ich hab’s mit eigenen Augen gesehen. Und mit eigenen Ohren gehört: „How exciting! Where does this exceptional flavour come from? Is it because of the quevri?“

Que-was?

Nein, wir hatten noch keine Quevri gesehen. Das ging schon mal gar nicht.

Und ab in den Weinkeller. Ich brav hinterher. Natürlich vollkommen ahnungslos, was mich in den Tiefen der Schuchmann Winery im Zentrum der Khaketi-Weinbauregion erwarten würde.

Und da liegen sie. Bzw. stechen sie. Im Boden. Amphoren. Wie bei den alten Römern. Sicher nur die wahnwitzige Schnapsidee eines genialen Sommeliers…

Weit gefehlt! „In Georgien wird Wein noch immer nach traditioneller Methode in Tonkrügen vergärt“, werde ich augenblicklich aufgeklärt. „Diese Art der Weinherstellung gehört seit 2013 sogar zum UNESCO-Kulturerbe.“

Daher also dieser komische Geschmack!

Egal wie viele Weißweine ich auf dieser Reise noch probiere: Ich kann mich einfach nicht damit anfreunden.

Ganz anders der Rotwein – allen voran der fast schwärzliche Genuss aus der Saperawi-Traube. Träuuuuuumchen!

Und so nuckele ich an meinem Gläschen, während Laurens in der Pheasant’s Tears Winery in Sighnaghi mit dem Sohn des Weinbauers ins Plaudern kommt. Kann dauern, ich bin versorgt. Fürs Erste.

Gut, dass die Georgier so stolz auf ihren Wein sind und jeden Besucher auf ein Glas einladen. So zumindest unser Lonely Planet. We’ll see…

Und plötzlich sitzen wir im privaten Weinkeller unseres B&B-Gastgebers. „Natürlich mache ich meinen Wein selber“, verkündet er stolz und zeigt auf einen Schuppen neben dem Eingangstor. 2.000 Flaschen im Jahr.

Und der Ausbau? „Im Eichenholzfass natürlich“, so die prompte Antwort, während sich der Vorhang lüftet und wir mit großen Augen ins Nebenzimmer, eine Art Maschinenraum der Weinherstellung, lugen.

Lecker, oder?

Die Nacht wird noch etwas länger und ab Ende nennen wir eine mit Tipp-Ex beschriftete Weinflasche unser eigen.

Zurück in Berlin blicke ich mit gemischten Gefühlen auf den georgischen Wein zurück.

Muss ich ihn haben? Nein. War’s geil? Ja! Hätten wir die Kultur des Landes ohne ihn in all ihren wunderbaren Facetten kennengelernt? Niemals!