Laurens und der unsichtbare Lkw – Nächtliche Begegnungen auf Argentiniens Straßen

 „Nein! Zurück!“ schrie ich und schaffte es gerade noch, meine Gliedmaßen vom Griff ins Lenkrad abzuhalten.

Ja, ich habe euch hier schon des Öfteren von unseren (angeblichen) Nahtoderfahrungen erzählt, doch anders als bei den restlichen (mehr oder weniger) fantasievoll ausgeschmückten Geschichtchen aus dem Leben der Traveliers, ist diesmal auch Laurens der festen Überzeugung, dass es vor knapp einem Jahr fast mit selbigem zu Ende gewesen wäre.

Dass Argentiniens Autobahnen nicht immer super in Schuss sind und man in manchen Gegenden doch wirklich sehr viel Einbildungskraft aufbringen muss, um beim Anblick der brusthoch bewachsenen Schlammpfade überhaupt das Wort ´Straße´ in den Mund zu nehmen – wir hätten es ohne Wimpernzucken hingenommen.

Wofür haben wir denn die Servolenkung erfunden? Und ein neues Paar Gummistiefel kostet sicher auch nicht die Welt! Doch was uns bei unserer nächtlichen Fahrt von Córdoba nach Buenos Aires begegnete…

Hätten wir auch nur die geringste Vorahnung gehabt, wir hätten uns niemals nach Sonnenuntergang ins Auto gewagt.

Natürlich hatten wir zu diesem Zeitpunkt bereits Bekanntschaft gemacht mit Argentiniens schlechter bis nicht vorhandener Straßenbeleuchtung, aber hey! Immerhin befanden wir uns auf dem Weg von der zweiten zur größten Metropole des Landes. Und noch dazu auf der einzigen wirklichen Autobahn des Riesenstaates, die noch dazu – man höre und staune – als solche auf den Landkarten vermerkt ist – vorausgesetzt natürlich, man hat das undendliche Glück, eine aktuelle in die Finger zu bekommen.

Wer wird also von Arglosigkeit sprechen, als Laurens sich hinters Lenkrad setzte und wir in die Dunkelheit der Ruta Nacional einbogen? Die Finsternis hätte uns ja auch überhaupt nichts ausgemacht, wären wir nur allein unterwegs gewesen. Wir hätten die EInsamkeit genossen, uns ein paar Country Songs reingezogen, und ich hätte meine altbewehrten Laurens-wach-halte-Tricks mal wieder auf ihre Zuverässigkeit prüfen können.

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Nur leider waren wir nicht allein.

Im Gegenteil: Der Argentinier fährt anscheinend besonders gerne bei Nacht. Und auch das wäre ja schön und gut, würde er es denn mit der Beleuchtung seines Autos etwas genauer nehmen. Besonders die Rücklichter aber scheinen nicht wirklich zur Priorität der Gauchos zu gehören, und mussten an manchen Heckflügeln sogar ganz weichen.

Nun hätte man natürlich brav mit 50/kmh auf der rechten Spur dahinzuckeln können, aber wo wäre denn da der Fun geblieben? Und außerdem: Unser Flug sollte in weniger als 20 Stunden das Land verlassen und wir wollten schon ganz gerne mit an Bord sein.

Ein Überholmanöver, ein übersehenes argentinisches Schattenungetüm und fast hätten wir die Breitseite eines Lkws (!) gerammt…

Doch dank meiner Adler-, oder in diesem Fall wohl eher Katzenaugen, und der Reaktionszeit eines Überschalfliegers, konnten wir dem scheinbar unausweichlichen Crash noch in (wortwörtlich) letzter Sekunde entgehen.

Und so kehrten wir sogar noch vor Sonnenaufgang in Buenos Aires ein, wo es allerdings noch etliche Stunden dauern sollte, bis wir eine nicht ausgebuchte Schlafstätte finden würden. Doch das, liebe Kinder, ist eine andere Geschichte.